Die größten Fehler von Neulingen an der Börse
Von außen sieht alles immer ganz leicht aus. Egal ob man von Erfolgsgeschichten an der Börse liest oder hört, ob Freunde oder Bekannte vom großen Reibach mit Aktien berichten, oder ob man sich die gewaltigen Gewinnen vor Augen führt, die mit bestimmten Kursentwicklungen im Nachhinein möglich gewesen wären. Man hätte nur zum richtigen Augenblick in den richtigen Wert investieren müssen und wäre nun nicht nur reich und vermögend, sondern auch aller finanzieller Sorgen ledig. Doch die Realität sieht leider zumeist etwa anders aus. Auch wenn es die perfekte Erfolgsgeschichte geben mag und sich einzelne Werte innerhalb kurzer Frist vervielfacht haben, bleibt das Investment an der Börse vor allem eins: Eine Form der Finanzanlage unter vielen, bei der es Chancen aber auch Risiken gibt. Und dass man im Bekanntenkreis vor allem Erfolgsgeschichten gelungener Investmentstrategien hört, mag vielleicht auch daran liegen, dass die meisten über ihre Misserfolge eher ungern berichten.
Gleichwohl, und dass soll an dieser Stelle keinesfalls verschwiegen werden, handelt es sich bei Aktien um eine Anlageform, die bei langfristigen Vergleichen immer wieder am besten abschneidet. Wichtig für den nachhaltigen Erfolg ist es aber, eine fundierte Strategie mit festen Prinzipien zu verfolgen und einige wichtige Grundregeln zu beachten. Viele private Händler begeben sich mit einer Art Gottvertrauen in die eigene Unfehlbarkeit in den Markt und ziehen sich genauso schnell wieder zurück, nachdem sie sich eine blutige Nase geholt haben.
Doch gerade zu dem Thema Erfolg und Misserfolg individueller Strategien kann man lange diskutieren. Wir belassen es bei dem Hinweis, dass sich auch Experten immer wieder irren können. So liegen erfahrene und lange am Markt tätige Fondmanager mit ihrer Performance zuweilen unter der Rendite einzelner Indizes wie Dax, Dow-Jones oder EuroStoxx. Eine Strategie, die sich vor allem auf entsprechende ETFs stützt, muss daher ebenfalls nicht grundfalsch sein. Trotzdem spricht auch nichts dagegen, das eigene Glück an der Börse zu versuchen. Der Sprung ins kalte Wasser sollte aber erst gewagt werden, wenn man sicher sein kann, dass es mit dem Schwimmen auch klappt. Dieser Beitrag soll auf die wichtigsten Fehler aufmerksam machen, die unerfahrenen Anlegern immer wieder unterlaufen
Wichtige Anfängerfehler, die es zu vermeiden gilt
Inhaltsverzeichnis
Es ist wohl richtig, dass viele Fehler selbst begangen werden müssen, um daraus langfristig zu lernen. Gerade im Handel an der Börse kosten diese Fehler aber in der Regel eine Menge Geld und schnell ist die Kariere als privater Händler aufgrund akuten Misserfolgs schon wieder vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat. Ebenso sicher ist, dass Fehler und Verluste zum Alltag eines Börsenhändlers gehören, wie die tägliche Glocke zur Eröffnung und Schließung des Handels. Gleichwohl gibt es Fehler, die schon viel zu oft begangen wurden, als dass man sie selber noch einmal wiederholen muss.
Ganz oben auf dieser Liste steht der Fehler, mit einer viel zu kurzfristigen Perspektive in den Markt zu gehen. Sicher, es gibt mit den Daytradern auch Händler, die mit einer langfristigen Perspektive überhaupt nichts anfangen können und mit ihrer extrem kurzfristigen Strategie eine Menge Geld verdienen.
Rational und langfristig handeln
Für den „normalen“ Anleger, der mit dem Kauf von Aktien sein Vermögen klug zu diversifizieren sucht, stellt diese hektische Handelsform wohl keine ernsthafte Alternative dar. Und somit gehört langfristiges Denken zur Grundfähigkeit des strategisch denkenden Kleinanlegers. Hierzu gehört eine Perspektive von mindestens zwei, besser aber fünf bis zehn Jahren. Hintergrund dieser Überlegung ist der Fakt, dass Entwicklungen in der globalen Wirtschaft sich über solche Zeiträume erstrecken. Und entsprechend langfristig sind die Horizonte an der Börse, die letztendlich genau diese Entwicklung widerspiegeln. Wer sich an eine entsprechende zeitliche Perspektive bindet, kann auch gleich einen zweiten Fehler vermeiden, der schon viele Anleger eine Menge Geld gekostet hat: Es ist der Fehler, sich zu sehr von seinen Emotionen leiten zu lassen. Auch wenn man diese individuellen Gefühle wohl nie vollständig ausschalten kann, täte eine höhere Rationalität bei Kauf- und Verkaufsentscheidungen dem eigenen Portfolio langfristig sehr gut. Doch letztendlich sind auch Profianleger nicht davor gefeit, panisch und irrational zu handeln. Sie springen auf fahrende Züge oder greifen in fallende Messer und verstärken so häufig durch eine Art Herdenverhalten kleinere Trends zu irrationalen Kursausschlägen. Rational denkende Anleger sollten sich daher vielmehr auf fundamental begründete Informationen stützen. Hierzu gehören neben von seriösen Agenturen und Forschungsinstituten herausgegebenen Konjunkturdaten ebenso wie eine solide Dividendenpolitik traditioneller Unternehmen. Es gibt eine Reihe von Beispielen, wo lediglich riesige Medienhypes zur übermäßigen Aufmerksamkeit bezüglich einzelner Titel geführt haben. Deren Werthaltigkeit hat sich dann mitunter als nicht fundiert erwiesen. Um mehr Rationalität zur Geltung kommen zu lassen, sollten Anleger vor allem genau und ruhig auch mehrmals hinschauen, bevor sie eine Entscheidung treffen.
Ein weitere Fehler unerfahrener Anleger kann ebenfalls unter der Rubrik mangelnde Rationalität eingeordnet werden und besteht darin, dass Anleger immer wieder lediglich auf bekannte Werte setzten und damit schätzungsweise 99% der Möglichkeiten ausblenden. Dies äußert sich etwa in dem Phänomen, dass die meisten Privatanleger nur Werte aus ihrem Heimatland im Portfolio haben. Auch wenn diese Strategie dem eigenen Sicherheitsbedürfnis entgegenkommen mag, erscheint dieses Anlageverhalten wenig sinnvoll. Denn neben dem Ausblenden von Chancen außerhalb des Heimatmarktes kommt es so auch zu einer unzureichenden Streuung des Risikos. Auch wenn die globale Wirtschaft immer enger miteinander verbunden ist, gibt es nach wie vor länder- bzw. regional spezifische Risiken, die sich nur mit einer guten Streuung vermeiden lassen.
Eigene Ziele definieren und konsequent umsetzen
Fast alle Ratgeber für erfolgreiches und nachhaltiges Handeln an der Börse beinhalten den Tipp, zunächst das eigene Risikoprofil sowie eine eigene Strategie zu definieren und eigene Anlageziele zu setzen. Zu diesem Selbstfindungsprozess gehört auch, die eigenen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen. Trotzdem kommt es immer wieder dazu, dass Anleger sich selber deutlich überschätzen und somit unverhältnismäßige Risiken eingehen. Die Folge: Auch die Verluste sind mitunter viel höher als eigentlich einkalkuliert. Der Grund ist das weitverbreitete Phänomen, dass sich Anleger immer wieder besser einschätzen als andere. Genau von dieser Überzeugung sollten sich alle Anleger so schnell wie möglich verabschieden, da diese Selbstüberschatzung sehr häufig zu groben Fehlinvestitionen und damit zu unnötigen Verlusten führt.
Hierzu gehört auch, sich über seine eigenen Risikoaversion klar zu werden. Oder mit anderen Worten: Bis zu welchem Grad bin ich als Anleger bereit, Kursverluste auszuhalten? Viele Kursbewegungen an der Börse sind kurzfristig gesehen nicht unmittelbar fundamental begründet. Ein Ausstieg aus einem Wert mit einer schlechten Kursperformance nur aus Angst weitere Verluste führt nicht selten dazu, dass man den folgenden Aufschwung verpasst.
An dieser Stelle schließt sich ein weitere Fehler an, der Anfängern eine geringere Rendite bzw. Verluste einbringt: Dem häufigen und mitunter hektischen Umschichten des eigenen Depots. Zwar ist es ohne Zweifel notwendig, regelmäßig die Zusammensetzung des eigenen Portfolios umzuschichten und anzupassen. Geschieht dies jedoch in erster Linie als Reaktion auf kurzfristige Kursbewegungen, drückt dies fast immer auf die langfristige Rendite. Dies hat vor allem zwei Gründe: Zum einen fallen bei Anlegern mit einem geringen mit mittleren Kapitaleinsatz prozentual höhere Kosten für jede Transaktion an. Diese Kosten, die im Durchschnitt zwischen 2 und 5 Prozent des Transaktionswertes liegen, müssen durch positive Kursentwicklung erst wieder kompensiert werden. Darüber hinaus verfügt der private Kleinanleger auch nur über ein eher begrenztes Wissen, insbesondere wenn es um die kurzfristigen Marktbewegungen geht. Somit sind Versuche, auf kurzfristige Trends aufzuspringen, häufig reine Glückssache. Die gilt im Übrigen auch für den Fall steigender Kurse: Häufig verhindert der Blick auf eine kurzfristige Gewinnmitnahme, dass der Anleger vom langfristigen Anstieg profitiert.
Für eine solche kurzfristig ausgerichtete Strategie benötigt man dagegen solide Fähigkeiten für die technische Chart-Analyse, die, neben viel Erfahrung auch einen hohen zeitlichen Aufwand bedeutet. Erfolgversprechender ist dagegen die Anlage mit einer mittel bis langfristigen Perspektive, welche kurzfristige Kurskapriolen weitgehend ausblendet.
Die Zukunft ist entscheidend
Ein weiterer Fehler, der vor allem Anfängern, bzw. unerfahrenen Händlern unterläuft, ist eine zu hohe Bewertung der Vergangenheit für aktuelle Kaufentscheidungen. Auch wenn es unbestritten langfristige Trends in Kursentwicklung gibt, von denen man als Anleger auch langfristig profitieren kann, sollte man sich eines immer wieder klar machen: Für die aktuelle Bewertung einer Aktie spielt die Vergangenheit so gut wie keine Rolle. Entscheidend ist in erster Linie die kurz- und langfristige Perspektive des Unternehmens. Dies zeigt sich schon allein darin, dass Unternehmen, die nominal ähnliche Umsatz- und Rentabilitätswerte ausweisen, an der Börse völlig unterschiedlich bewertet sind. Grund hierfür ist allein die Zukunftsperspektive, welche die Fantasie der Aktionäre beflügelt oder eben einschränkt. Der Blick auf die Kursentwicklung der letzten Jahre sollte bei der Kaufentscheidung also nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Demgegenüber kann es sich aber durchaus lohnen, auch Faktoren zu beachten, die in der Vergangenheit liegen. Hierzu gehört etwa die Betrachtung der Dividendenpolitik des Unternehmens. War diese in den vergangenen zehn Jahren stabil und gibt es keinen anderslautenden Ankündigungen, kann hieraus durchaus auf eine auch zukünftig stabile Dividende gesetzt werden.
Mit der Dividende ist darüber hinaus eine weitere mögliche Fehlerquelle angesprochen. Der Fehler liegt dabei darin, die Dividende als Renditequelle tendenziell auszublenden und nur auf die Kursentwicklung zu schauen. Selbstverständlich sind für eine langfristige Wertsteigerung beide Faktoren bedeutsam. Doch bei der langfristigen Betrachtung wird die Dividende zumeist ausgeblendet. Anleger sollten sich dagegen klar machen, dass auch bei einer Dividendenrendite von fünf Prozent langfristig stattliche Gewinne winken. Bleibt diese Dividende stabil, so verdoppelt sich bereits nach 14 Jahren der Ursprungswert eines solchen Investments. Wird zudem die Dividende reinvestiert und der Kurs entwickelt sich ebenfalls moderat positiv ist langfristig noch eine deutlich höhere Rendite möglich. Eine gute Grundlage für diese Strategie sind dabei Blue Chip Unternehmen, die eine langfristig stabile Entwicklung versprechen.
Ein letzter Fehler, auf den hier eingegangen werden soll, liegt ebenfalls an einer zu engen Fixierung auf die Rendite. Anleger sollte sich immer wieder klar machen, dass auch Unternehmen immer im gesellschaftlichen Kontext betrachtet werden müssen. Immer wieder hat sich gezeigt, dass Unternehmen langfristige nicht gegen gesellschaftliche Trends ankommen. So hätte sich etwa durchaus voraussehen lassen, dass die deutschen Energieriesen E-ON oder RWE angesichts des auf Umweltschutz gerichteten Meinungsklimas Schwierigkeiten bevorstanden. Auch unter solchen Gesichtspunkten sollten Anleger also ihr Investment regelmäßig hinterfragen.
Vermeiden von Fehlern ersetzt keine eigene Strategie
Im vorangegangen Text wurden einige mögliche Fehler benannt, die vor allem unerfahrene Anleger immer wieder Geld kosten. In vielerlei Hinsicht kann man sich durch die Kenntnis dieser Fehler viel Lehrgeld sparen. Gleichwohl gibt es für den Erfolg an der Börse auch kein Patentrezept und auch wenn es wichtig ist, häufige Fallstricke zu kennen, kommt wohl kein Anleger umhin, eine eigene Strategie zu finden und zu verfolgen. Diese Strategie ist neben dem eigenen Charakter, der Risikoaversion sowie den zeitlichen und finanziellen Ressourcen auch von biografischen Faktoren abhängig. Steht man noch am Anfang seines beruflichen Lebens, wird man wohl eine andere Strategie verfolgen als jemand, für den die Rente bereits in Sicht ist. Anfängerfehler vermeiden sollten natürlich beide.