Chancen und Risiken eines Lombardkreditgeschäftes
Wer glaubt, dass sich die Möglichkeiten für Privathändler am Finanzmarkt auf den Kauf und Verkauf von Aktienwerten beschränkt, nimmt nur einen unvollständigen Ausschnitt dieses Anlagesegments wahr. Auch wenn der Handel mit Firmenanteilen, was Aktien in letzter Konsequenz ja immer darstellen, einen großen Teil des Wertpapiergeschäftes ausmacht, ist die Vielfalt der Möglichkeiten deutlich größer. Neben den ebenfalls noch sehr bekannten Aktien- oder Indexfonds können auch Rohstoffe, Devisen oder Anleihen gehandelt werden. Auch diese Papiere können, wie die Aktie selber, noch zu den klassischen Finanzprodukten gezählt werden, auch wenn Privatanleger entsprechende Finanztitel deutlich seltener in ihren Depots halten. Auf der Skala für weniger bekannte Investitionsmöglichkeiten für Privatanleger noch ein paar Stufen höher dürften Produkte wie Derivate, Terminkontrakte oder sogenannte CFDs rangieren. Dabei handelt es sich zumeist um hochspekulative und mitunter komplexe Instrumente, mit denen in kurzer Zeit erhebliche Gewinne eingestrichen werden können. Dem gegenüber steht ein beträchtliches Risiko, das über den Totalverlust auch bis zur Nachschusspflicht reichen kann. Der Anleger hätte dann neben seinem Einsatz auch noch zusätzliches Kapital verloren. Eine weitere Spielart im Segment des hochspekulativen Handels stellt das Daytrading dar. Hier kann innerhalb kürzester Fristen auch auf minimale Kursveränderungen gesetzt werden.
Die meisten dieser spekulativen Geschäfte haben gemeinsam, dass die Anleger neben dem Einsatz eigenen Kapitals auch mit geliehenem Kapital arbeiten, welches u.a. die Hebelwirkung einer Investition verstärken und die Versorgung mit Liquidität sicherstellen soll. Eine Möglichkeit, sich Fremdkapital für den Handel mit Finanzprodukten zu beschaffen, stellt der sogenannte Lombardkredit dar. Nachdem im Folgenden ein paar Sätze zur Geschichte und zu den Prinzipien dieser Kreditform folgen, soll vor allem die Chancen und Risiken dieses Instruments diskutiert werden. Denn beide gibt es zweifellos auch für Privatanleger.
Historie und Prinzip des Lombardkredites
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Dieses im Grunde traditionelle Instrument hat, wie so viele Begriffe aus dem Bereich des Finanzwesens, nicht nur vom Namen her einen italienischen Ursprung. Das Prinzip, Geld gegen die Überlassung von diversen Pfändern zu verleihen, wurde in dieser Form erstmalig in der Lombardei betrieben. Insbesondere durch Geschäfte zwischen einzelnen vermögenden Kaufleuten und Adligen sowie ganzen Königshäusern mit hohem Finanzbedarf, fand das Instrument des Lombardkredites wachsende Verbreitung. Auf diesem Geschäftsprinzip entwickelten sich eigene Finanzhäuser, die sich auf eine Form der Kreditvergabe gegen Hinterlegung eines Pfandes spezialisierten. Dabei stellten die Geschäftsleute bzw. Finanzhäuser einzelnen Institutionen große Mengen liquides Kapital zur Verfügung, für welches diese dann materielle Pfänder wie Häuser oder Land anbieten mussten. Diese Form des Kreditgeschäftes erwies sich als sehr effizient und lukrativ und verbreitete sich sehr schnell über ganz Europa. Auch heute spielt diese Form der Geldüberlassung eine nicht unbedeutende Rolle im Finanzwesen. Die Grundlage hierfür ist in Deutschland auch im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Danach handelt es sich bei einem Lombardkredit um ein Darlehen, welchem ein Pfand aus dem Besitz des Kreditnehmers als Kreditsicherheit zu Grunde gelegt wird. Das Kreditinstitut wird dabei dazu berechtigt, den Gegenstand in Verwahrung zu nehmen, bzw. bei immobilen Pfändern wie Häusern oder Grundbesitz, zu verwalten. Im Falle eines Zahlungsausfalls des Schuldners kann es als sogenannter „Übergabe-Ersatz“ zur Abtretung oder einer weiteren Verpfändung des Herausgabeanspruches kommen. Das Pfand kann dadurch prinzipiell auch selbst zu einem handelbaren Finanzprodukt werden.
Im Laufe der Zeit hat sich in diesem Bereich eine Vielzahl unterschiedlicher Formen des Lombardkredites herausdifferenziert. Neben dem Lombardkredit der von Zentralbanken selber herausgegeben wird, gibt es unter anderem den sogenannten Effektenlombardkredit, den Warenlombardkredit oder auch den Wechsellombardkredit. Allen diesen Darlehensgeschäften liegt das gleiche, hier beschriebene Prinzip zugrunde, auch wenn sich die Kreditvergabe selber auf unterschiedliche Zwecke richten kann. Übergreifendes Ziel stellt bei allen Geschäften die unkomplizierte Beschaffung von Liquidität dar. So bot die Bundesbank bis zur Gründung der Europäischen Zentralbank (EZB) ausdrücklich die Möglichkeit an, im Rahmen ihrer Geldpolitik Lombardkredite gegen beleihungsfähige Wertpapiere, wie etwa Staatsanleihen, herauszugeben. Für diesen Zweck wurde mit dem Lombardsatz auch ein eigener Zinssatz durch die Zentralbanken festgesetzt, zum dem die Lombardkredite standardmäßig vergeben wurden. Mit dem Wechsel zur EZB wurde der Lombardkredit vom Namen her abgelöst. Nun ist nur noch die EZB befähigt, mit den ihr angeschlossenen Finanzinstituten gegen ausreichende Sicherheiten Kreditgeschäfte zu vereinbaren.
Eine weitere Form ist der sogenannte Warenlombardkredit. Dabei können verschiedene Handelswaren finanziert werden. Die Pfand – Grundlage wird aber nicht durch die physische Übergabe der entsprechenden Waren hergestellt, sondern durch sogenannte indossierte Traditionspapiere, wie Liefer- oder Lagerscheine, hergestellt. Diese verbriefen das Recht auf die entsprechenden Waren. Ziel und Zwecke dieser Form des Lombardkredites ist es, die Liquidität von Händlern langfristig aufrecht zuerhalten.
Der Lombardkredit erfüllt als eine wichtige Funktion im alltäglichen Geschäftsleben, in dem er den Akteuren insgesamt zu größerem finanziellem Spielraum verhilft. Mit dem Effektenlombardkredit gibt es auch für Anleger und Händler, die am Kapitalmarkt aktiv sind, eine entsprechende Kreditform, deren Prinzipien im Folgenden dargestellt werden sollen.
Immer liquide bleiben! – Effektenlombardkredit zur Finanzierung von Wertpapiergeschäften
Bei Krediten, bei denen Wertpapiere als Sicherheiten zugrunde liegen, spricht man von sogenannten Effektenlombardkrediten. Kurz und mittelfristig werden dabei Kredite vergeben, bei denen börsengängige Wertpapiere verpfändet werden. Diese Form des Kreditgeschäftes ist auch bekannt als Wertpapierdispositionskredit. Ziel und Zweck dieses spezifischen Lombardkredites ist es, dem Kreditnehmer den Kauf weiterer Wertpapiere zu ermöglichen. Für die Höhe der Sicherheiten, die sich aus den verpfändeten Wertpapieren ergeben, gelten bestimmte Beleihungsgrenzen, nach denen sich dann der Umfang für die mögliche Kreditvergabe und damit der zusätzliche finanzielle Spielraum richtet. Da die meisten Papiere durch den tagtäglichen Handel keinen stabilen Wert aufweisen, können sich die entsprechenden Beleihungsgrenzen durchaus kurzfristig ändern, was zur sogenannten Nachbesicherung führen kann.
Aber auch wertstabile Titel können bei diesen Wertpapierkrediten verpfändet werden. Hierzu gehören etwa Lebensversicherung oder etwa bestimmte Sparpläne.
Der eindeutige Vorteil für den Händler liegt vor allem darin, sich für den Handel mit Wertpapieren mit ausreichend liquiden Mitteln auszustatten. Gerade Daytrader handeln an der Börse in verschiedenen Segmenten. Ist man etwa mit einem hohen Anteil des Eigenkapitals in ein Währungsgeschäft involviert und es ergeben sich parallel weitere Chancen auf dem Aktienmarkt, wäre der Anleger ohne die Inanspruchnahme eines Wertpapierdispositionskredites dazu gezwungen, entweder die Chance am Aktienmarkt auszulassen, oder die Position am Devisenmarkt aufzulösen, um kurzfristig an Kapital zu kommen. Mit dem Wertpapierkredit kann sich der Händler jedoch zusätzliche Liquidität beschaffen, in dem er die Position am Devisenmarkt verpfändet. Auch wenn dieses Prinzip recht einfach klingt, gibt es beim Einsatz von Effektenlombardkrediten, bzw. Wertpapierdispositionskrediten einiges zu beachten. Es handelt sich dabei keinesfalls um ein risikoloses Instrument für einfache Anleger.
Was gibt es beim Einsatz von Wertpapierkrediten zu beachten?
Wie gesagt, handelt es sich bei Wertpapierkrediten um Instrumente, die nur von fortgeschrittenen und erfahrenen Tradern eingesetzt werden sollten, die das Prinzip dieses Instruments genau verstanden haben. Viele Online-Broker, die ihren Kunden den Zugang zum Handel mit spekulativen Finanzprodukten bieten, haben auch verschiedenen Formen von Wertpapierdispositionskrediten im Programm. Bei der Auswahl des richtigen Anbieters sollte der Anleger dabei jedoch auch auf die Kosten achten. Dabei sind die eigentlichen Kosten für die Inanspruchnahme von Wertpapierkrediten zumeist weniger kritisch. Wichtiger ist es, auf niedrige Handels- und Depotkosten zu achten, da diese langfristig zumeist deutlich stärker ins Gewicht fallen. Der Anleger sollte darüber hinaus darauf achten, dass die gewährten Kredite zur freien Verwendung stehen. Im Gegensatz zu zweckgebundenen Krediten hat der Anleger so deutlich mehr individuellen Spielraum.
Überhaupt ist es ratsam, die offensichtlichen Parallelen zum regulären Kreditgeschäft im Auge zu behalten. Dies gilt insbesondere auch für die sogenannten Nebenkosten eines Kreditgeschäftes. Hierzu zählen unter anderen die Bearbeitungskosten. Hier sollten sich Anleger durchaus auch am regulären Markt nach entsprechenden Angeboten umsehen, und nicht nur zwischen verschiedenen Effektenlombardkrediten wählen. In jedem Fall sollte sich der Anleger bzw. der Händler jedoch immer wieder klar machen, dass er beim Handel mit geborgtem Kapital prinzipiell ein deutlich höheres Risiko eingeht. Es ist daher wichtig, sich vorher einen individuellen Rahmen zu setzen, in dem Verluste noch kompensiert werden können, um die Kosten für die private Lebensführung nicht zu gefährden. Denn auch ein Wertpapierkredit muss früher oder später zurückgezahlt werden. Daher sollten weder der Kreditrahmen vollständig ausgeschöpft werden, noch mit besonders spekulativen Basiswerten operiert werden. Denn das Risiko ist schon allein durch den Kredithebel deutlich erhöht.
Gerade beim Daytrading ist es von hoher Wichtigkeit, die verschiedenen Positionen kontinuierlich im Auge zu behalten. Anleger sind nicht nur durch waghalsige Investitionen in die private Insolvenz gerutscht, sondern auch, weil sie den Überblick über ihre Investments verloren haben.
Grundsätzlich bleibt noch zu sagen, dass es für einzelne Regelungen innerhalb dieser Wertpapierkredite kaum einheitliche Richtlinien gibt. Das gilt insbesondere für Beleihungsgrenzen sowie für Form und Geschwindigkeit kursbedingter Anpassung. Grundsätzlich ist auch unterschiedlich geregelt, welche Wertpapiere überhaupt beleihungsfähig sind. So werden etwa Optionsscheine durchaus mit einem Beleihungswert von null eingestuft.
Lombardkredit erweitern die Spielraum und erhöhen das Risiko
Basierend auf dem traditionellen Instrument eines Lombardkredites gibt es heute einige Möglichkeiten, durch die Inanspruchnahme eines solchen Kredites die Handlungsfähigkeit und damit die Renditechancen an der Börse deutlich zu erweitern. Bei vielen Anbietern sind entsprechende Instrumente als Wertpapierkredite bekannt. Das Prinzip, sich gegen die Verpfändung von börsengehandelten Papieren zusätzliche Liquidität zu beschaffen, ist aber überall identisch. Große Unterschiede gibt es bei den Konditionen. Hier steht auch der Wertpapierkredit prinzipiell in direkter Konkurrenz zu „normalen“ Bankenkrediten, so dass auch diese für einen Vergleich des günstigsten Anbieters herangezogen werden sollten. Am wichtigsten für den Anleger ist es aber, neben den Vorteilen eines erweiterten Spielraums sowie höhere Renditechancen auch das deutlich erweiterte Risiko zu berücksichtigen. Es ist eine Sache, den persönlichen finanziellen Einsatz im Handel mit Wertpapieren zu verlieren. Eine andere Sache ist es, wenn es sich beim Verlust auch noch um geborgtes Geld handelt, für welches man dann für lange Zeit gerade stehen muss. Daher ist es auch hier, wie in andere Bereich wichtig, Chance und Risiko in einen vernünftigen Einklang zu bringen.